Neue, zielgerichtete Wege in der Mastitistherapie

Aufgrund der aktuellen politischen Diskussionen zum Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung sind Überlegungen zur Mastitistherapie unabdingbar. Verbraucher und Politik fordern immer energischer eine drastische Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung – nicht zu Unrecht, denn dafür gibt es viele gute Gründe. Um dieses Ziel jedoch zeitnah und sinnvoll umsetzen zu können, bedarf es zielgerichteter Lösungsansätze.

In vielen Betrieben werden Mastitiskühe immer nach dem gleichen Standard behandelt. Das Konzept der selektiven Mastitistherapie bietet für jede Kuh, basierend auf dem Schweregrad der aktuellen klinischen Mastitis, Diagnostik und Krankheitsgeschichte, eine individuelle Therapie, entsprechend den Antibiotika Leitlinien.2

Bitte beraten Sie sich bezüglich des Therapiemanagements immer mit Ihrem Tierarzt!

Euterentzündungen werden aufgrund verschiedener Symptome in 3 verschiedene Schweregrade eingeteilt.

Während bei Mastitisgrad 1 (leichte Mastitis) nur die Milch verändert ist, zeigen sich bei Schweregrad 2 (mittelschwere Mastitis) auch Veränderungen am Euter. Bei Schweregrad 3 (schwere Mastitis) hat die Kuh zusätzlich ein gestörtes Allgemeinbefinden, das mit Fieber, Appetitlosigkeit, Teilnahmslosigkeit einhergeht.

Mastitisgrad 1

Leichte Mastitis

Mastitisgrad 2

Mittelschwere Mastitis

Mastitisgrad 3

Schwere Mastitis

Veränderungen in der Milch (Flocken, kein Milchcharakter) X X X
Veränderungen am Euter (Röte, Schwellung, Wärme) X X
Gestörtes Allgemeinbefinden (Fieber >39,5°C, Fressunlust, Apathie) X
Das richtige Antibiotikum

Nach den Antibiotika-Leitlinien sollte ein Antibiotikum nach folgenden Kriterien ausgewählt werden.

„Können zur Behandlung einer bakteriellen Infektion mehrere Antibiotika eingesetzt werden, ist nach Möglichkeit das Antibiotikum mit dem schmalsten Spektrum, einer großen therapeutischen Breite und, falls erforderlich, mit einem bakteriziden Wirkungsmechanismus und einer guten Gewebegängigkeit auszuwählen.“1

Die Geschichte der Kuh

Kühe mit einer langen Mastitishistorie haben schlechte Aussichten auf Heilung. Selten ist die Antibiotikatherapie erfolgreich. „Therapieunwürdige“ Kühe werden wie folgt definiert:

  • Mehr als 2 Mastitisfälle auf demselben Viertel in der aktuellen Laktation

Oder

  • Mehr als 700.000 Zellen/ml in den letzten drei Milchleistungsprüfungen

Oder

  • Palpierbare Euterparenchymveränderungen

Der Erregernachweis

Moderne Milch-Schnelltests bieten heutzutage die Möglichkeit mit einer hohen Genauigkeit Mastitiserreger soweit zu unterscheiden, dass eine zielgerichtete Mastitistherapie möglich wird.

Einfache Tests machen es möglich, innerhalb von 24 Stunden zu unterscheiden ob

  • Keine Erreger in der Milch zu finden sind

Oder

  • Grampositive Erreger (Streptokokken, Staphylokokken..)

Oder

  • Gramnegative Bakterien in der Milch enthalten sind.

VetoSlide ein einfach zu benutzender Schnelltest, kann direkt auf dem Betrieb angesetzt und bebrütet werden. Erfahren Sie hier mehr dazu.

Die Behandlung bei der selektiven Mastitistherapie ist in 2 Phasen aufgeteilt.*

Phase 1 ist die Zeit vor dem Schnelltestergebnis. Hier wird eine klinische Euterentzündung bei einer Kuh festgestellt und der Schweregrad bestimmt. Eine Milchprobe wird entnommen und der Schnelltest angesetzt. Außerdem wird die Initialtherapie eingeleitet.

Phase 2 ist die Behandlungszeit nach dem Schnelltestergebnis. Abhängig vom Erreger wird nun die weitere Therapie festgelegt.

Phase 1 Initialtherapie

Bei leichten und mittelschweren Mastitiden, Mastitisgrad 1 und 2, kommt initial nur ein entzündungshemmendes Medikament zum Einsatz.

Bei Mastitisgrad 3, mit Störungen des Allgemeinbefindens (Fieber, Freßunlust..), muss zusätzlich zum Entzündungshemmer ein Breitbandantibiotikum gespritzt werden. Außerdem sollte eine Flüssigkeitstherapie stattfinden.

Phase 2 Behandlung nach dem Schnelltestergebnis

Nachdem nach 24 Stunden das Ergebnis des Schnelltests abgelesen werden kann entscheidet sich nun die weitere Therapie.

Mastitisgrad 1 und 2

Ist kein Erregerwachstum erkennbar, oder gramnegative Erreger wachsen auf dem Medium wird weiter mit dem entzündungshemmenden Medikament behandelt. Es kommt kein Antibiotikum zum Einsatz.

Sind grampositive Keime sichtbar, werden antibiotische Eutertuben verwendet.

Mastitisgrad 3

Ist kein Erregerwachstum erkennbar, oder gramnegative Erreger wachsen auf dem Medium wird weiter mit dem entzündungshemmenden Medikament behandelt. Je nach Zulassung kommt das parenteral verabreichte Breitbandantibiotikum weiter zum Einsatz.

Sind grampositive Keime sichtbar, werden antibiotische Eutertuben verwendet und es wird weiter mit dem Entzündungshemmer behandelt. Je nach Zulassung kommt das parenteral verabreichte Breitbandantibiotikum weiter zum Einsatz.

* In Abhängigkeit von Testergebnis und Schweregrad der Mastitis. Ausnahmen von der Standardbehandlung in Abhängigkeit von individuellen Tierfaktoren sind möglich und sinnvoll:

➞ Therapieresistente Kuh (mehr als 2 Mastitiden in der Laktation, dreimal über 700.000 Zellen/ml): keine lokale Antibiotikabehandlung.

➞ Aufwendigere Erstbehandlung bei Tieren mit dem ersten Mastitisfall in den ersten drei Laktationen: verlängerte lokale Antibiotikabehandlung (5 Tage).

Bitte beraten Sie sich bezüglich des Therapiemanagements immer mit Ihrem Tierarzt!

Quellen:

  1. Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln. BTK 2015
  2. M. Mansion-de Vries, M. Hoedemaker, V. Krömker. Aspekte einer evidenzbasierten Therapie klinischer Mastitiden. Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2015; 43(05): 287-295